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Was Sie über Leder wissen sollten: Interview
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Interview

Was Sie über Leder wissen sollten

Nach wie vor ist Leder eines der beliebtesten Materialien für Sitzmöbel aller Art. Besonders die lange Haltbarkeit und die elegante Optik, die ein Lederbezug mit sich bringt, wird von den Besitzern geschätzt. Worauf Sie beim Kauf achten sollten, hat uns Thorsten Wittig, Meister der Cramer Polstermanufaktur, im Interview verraten.
Herr Wittig, was für Leder wird in der Cramer Polstermanufaktur verarbeitet und woher kommt es?

Thorsten Wittig: Das Leder, das wir hier verarbeiten, stammt ausschließlich von europäischen Tieren. Meistens handelt sich um Rinder. Es ist wichtig zu wissen, dass die bei uns verwendeten Häute nur ein Nebenprodukt sind. Das heißt, dass die Tiere zum Verzehr geschlachtet werden und nicht extra für die Lederproduktion.

Neben Sitzmöbeln werden aus Leder auch viele andere Produkte hergestellt, zum Beispiel Taschen, oder Gürtel. Handelt es sich dabei immer um das gleiche Leder oder gibt es hier Unterschiede?

Thorsten Wittig: Bevor sich die Frage beantworten lässt, muss man wissen, dass die unbearbeitete Lederhaut eines Rinds deutlich dicker ist als das Leder, was wir von unseren Taschen oder auch Möbeln kennen. Es kann eine Stärke von bis zu 4,5 mm besitzen und lässt sich nur sehr umständlich verarbeiten. Deswegen wird die Lederhaut vor der Bearbeitung oft in zwei Teile gespalten. Taschen oder Gürtel bestehen meist aus der unteren Schicht des Leders, die nicht so strapazierfähig ist. In unserer Produktion verwenden wir diese gar nicht. Wir arbeiten ausschließlich mit der oberen Schicht, dem sogenannten Narbenspalt. Dieser ist sehr robust und deswegen perfekt für unsere Polstermöbel.

In Einrichtungshäusern begegnen einem oft Ledermöbel in verschiedensten Preisklassen, doch ob das Material auch wirklich hochwertig ist, lässt sich auf den ersten Blick nur schwer feststellen. Wie kann ich zuverlässig die Qualität des Leders beurteilen?

Thorsten Wittig: Die Qualität des Leders lässt sich daran erkennen, ob die Haarwurzelkanäle auf der Oberfläche sichtbar sind. Dafür nimmt man sich am besten eine Lupe oder einen Fadenzähler zur Hilfe. Sind die Kanäle erkennbar, handelt es sich um Rein-Anilinleder beziehungsweise um Semi-Anilinleder, das von der Qualität am hochwertigsten ist. Das Rein-Anilinleder wird ausschließlich mit löslichen Farbstoffen durchgefärbt, bei denen die Poren frei bleiben. Da die Färbung das Narbenbild erhält, kommen für diese Lederart nur die besten Häute infrage, die wenig Naturmerkmale wie Narben oder Zeckenbisse besitzen. Das Semi-Anilinleder hat eine etwas deckendere Färbung, das Narbenbild bleibt aber erhalten. Der Vorteil ist ein besserer Schutz und Imprägnierung der Oberfläche als beim Rein-Anilinleder. Dadurch, dass die Poren frei bleiben, sind beide Leder besonders atmungsaktiv und nehmen die Körpertemperatur schnell an. Das sorgt auf Anhieb für ein angenehmes Sitzgefühl und eine schöne Haptik.
Was Sie über Leder wissen sollten
Mit einem Fadenzähler oder einer Lupe lässt sich die Lederqualität ganz leicht erkennen.

Und was ist mit den Ledern, bei denen die Haarwurzelkanäle nicht mehr zu sehen sind?

Thorsten Wittig: Hierbei handelt es sich um pigmentiertes Leder. Da bei diesem das Narbenbild abgeschliffen ist und es eine deckende Färbung besitzt, können auch kleinere Häute mit vielen Naturmerkmalen genutzt werden. Im Anschluss erhält es eine Prägung, um ein künstliches Narbenbild und damit eine natürliche Optik zu erzeugen. Der Vorteil von pigmentiertem Leder ist die komplette Versiegelung, die es widerstandfähig macht und die Reinigung erleichtert. Der Nachteil ist, dass es sich beim Hinsetzen erst sehr kalt anfühlt und kaum atmungsaktiv ist.

Was Sie über Leder wissen sollten
Die kleinen Pünktchen sind Haarwurzelkanäle. Also ein Hinweis auf hochwertiges Anilinleder.

Würden Sie denn aufgrund der Qualität den Kunden dazu raten, nur Sitzmöbel aus Rein- oder Semi-Anilinleder zu kaufen?

Thorsten Wittig: Nein, das kann man so pauschal nicht sagen. Welche Lederart die beste ist, hängt ganz davon ab, wie das Möbel genutzt werden soll. Einer Familie mit Kindern, bei denen auch mal ein hartnäckiger Fleck auf das Sofa oder den Sessel kommt, würde ich dringend pigmentiertes Leder empfehlen. Auf diesem lassen sich Missgeschicke einfach abwischen und schon sieht die Oberfläche wieder wie neu aus.
Einem Pärchen, dem eine hochwertige Optik und exzellenter Sitzkomfort wichtig ist, dem würde ich zu Rein- oder Semi-Anilinleder raten. Dieses sieht sehr hochwertig aus und besticht gleichzeitig durch seine weiche Oberfläche. Bevor man sich ein Ledermöbel kauft, ist es also wichtig, sich genau bewusst zu machen, wie man es nutzen möchte und ob die Gefahr besteht, dass es auch mal dreckig wird.

Wenn das Ledermöbel bei einem Zuhause steht, kommt es manchmal zur Enttäuschung: Nach und nach fallen einem kleine Unregelmäßigkeiten in der Oberfläche auf. Was hat es damit auf sich? Handelt es sich um Fehler im Leder?

Thorsten Wittig: Bei diesen Unregelmäßigkeiten handelt es sich meist um Naturmerkmale wie Nacken- und Fettfalten, Zeckenbisse oder Narben durch Verletzungen. Wie schon angesprochen, verwenden wir ausschließlich das Narbenleder, also die oberste Lederschicht. Da diese den äußeren Einflüssen ausgesetzt ist, können Unregelmäßigkeiten durchaus vorkommen und gehören zu der Haut dazu. Um eine makellose Optik zu gewährleisten, verarbeiten wir diese Lederteile aber nicht in den präsenten Zonen wie dem Sitz und Rückenbereich. Grundsätzlich sind Naturmerkmale jedoch nicht schlechtes. Sie sind sogar ein Echtheits- beziehungsweise Qualitätszertifikat, denn in Kunstleder oder auch stark pigmentiertem Leder kommen solche Unregelmäßigkeiten nicht vor.

Was Sie über Leder wissen sollten
Hier handelt es sich um pigmentiertes Leder, da keine Haarwurzelkanäle mehr zu sehen sind.

Haben Sie abschließend noch Tipps für uns, was bei der Pflege/Nutzung eines Ledermöbel unbedingt beachtet werden sollte?

Thorsten Wittig: Grundsätzlich ist es wichtig, Leder regelmäßig zu pflegen, damit es nicht spröde wird. Hierbei sollte aber unbedingt beachtet werden, dass man für jede Lederart das richtige Pflegemittel verwendet. Anilinleder sollte außerdem niemals mit Wasser gereinigt werden. Da die Poren offen sind, dringt dieses in das Möbel ein und es können unschöne Flecken entstehen.
Zu guter Letzt möchte ich noch den Hinweis geben, dass Leder ausbleichen kann. Wer große Fensterfronten besitzt, sollte sein Möbel also nicht direkt in deren Nähe stellen. Es gibt aber auch gute Pflegemittel, die das Material vor der Sonneneinstrahlung und somit vor dem Ausbleichen schützen.

Was Sie über Leder wissen sollten
Ein Blick in die Cramer Polstermanufaktur: Die Häute hängen eine Zeit lang aus, bevor sie verarbeitet werden.

Weitere Informationen zur richtigen Reinigung und Pflege von Leder finden Sie in unserer Rubrik Pflege und Warenkunde. Gerne beraten wir Sie auch, welches Pflegeset sich am besten für Ihre Ledermöbel eignet. Sprechen Sie uns einfach an! Eine Übersicht über die von uns geführten Reinigungs- und Pflegemittel finden Sie hier.

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